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Posts Tagged ‘Prominenz’

Ein „gesundes“ Selbstbewusstsein macht das Leben leichter. Bei Bewerbungen, Gesprächen mit dem Chef,  beim Flirten  und vielen anderen Situationen kann ein gesundes Selbstbewusstsein helfen.

Was aber, wenn man über ein „übergroßes“ Selbstbewusstsein verfügt, eine narzisstische Persönlichkeitsstörung hat?  Wie erkennt man diese?

Diagnosekriterien nach DSM-IV
DSM-IV beschreibt die Narzisstische Persönlichkeitsstörungen wie folgt:
Ein tiefgreifendes Muster von Großartigkeit (in Phantasie oder Verhalten), Bedürfnis nach Bewunderung und Mangel an Empathie. Der Beginn liegt im frühen Erwachsenenalter und zeigt sich in verschiedenen Situationen.

Mindestens fünf der folgenden Kriterien müssen erfüllt sein:

  1. hat ein grandioses Verständnis der eigenen Wichtigkeit (übertreibt etwa Leistungen und Talente, erwartet ohne entsprechende Leistungen als überlegen anerkannt zu werden)
  2. ist stark eingenommen von Phantasien grenzenlosen Erfolgs, Macht, Brillanz, Schönheit oder idealer Liebe
  3. glaubt von sich, „besonders“ und einzigartig zu sein und nur von anderen besonderen oder hochgestellten Menschen (oder Institutionen) verstanden zu werden oder mit diesen verkehren zu müssen
  4. benötigt exzessive Bewunderung
  5. legt ein Anspruchsdenken an den Tag, d. h. hat übertriebene Erwartungen auf eine besonders günstige Behandlung oder automatisches Eingehen auf die eigenen Erwartungen
  6. ist in zwischenmenschlichen Beziehungen ausbeuterisch, d. h. zieht Nutzen aus Anderen, um eigene Ziele zu erreichen
  7. zeigt einen Mangel an Empathie: ist nicht bereit, die Gefühle oder Bedürfnisse anderer zu erkennen / anzuerkennen oder sich mit ihnen zu identifizieren
  8. ist häufig neidisch auf andere oder glaubt, andere seien neidisch auf ihn / sie
  9. zeigt arrogante, hochmütige Verhaltensweisen oder Ansichten

Im Durchschnitt ist die Wahrscheinlichkeit einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung beim „Ottonormalbürger“ eher gering, bei den Prominenten hingegen liegt der Durchschnittswert in einem bedenklichen Bereich, wie die folgende Studie eindrucksvoll belegt:


Prominenz oder die narzisstische Persönlichkeit  -Florian Rötzer 12.09.2006-


Nach einer Studie sind Prominente in der Unterhaltungsbranche narzisstischer als andere Menschen und haben deswegen bessere Karrierechancen in den Medien

Medien sind kollektive Aufmerksamkeitsorgane. Sie schaffen Prominenz, also in Personen, Dinge oder Themen akkumulierte kollektive Aufmerksamkeit, und benötigen selbst Aufmerksamkeit und Prominenz, um in der Konkurrenz mit anderen Medien zu reüssieren. Wer prominent sein, also auf der Bühne stehen und den Blicken der Anderen direkt oder über die Medien ausgesetzt sein will, muss sich exponieren wollen und daran Gefallen finden. Daher ist nicht verwunderlich, dass sich unter den Prominenten gerade in der Unterhaltungsbranche eine Häufung von Narzissten findet, wie amerikanische Wissenschaftler nun auch mit empirischen Methoden nachgewiesen haben wollen.

Der Kommunikationswissenschaftler Mark Young von der USC Annenberg School for Communication hat zusammen mit dem Psychiater Drew Pinksy von der Keck School of Medicine erstmals 200 Prominente aus dem Unterhaltungssektor einem psychologischen Test unterzogen, der Merkmale für eine narzisstische Persönlichkeitsstörung misst (NPI – Narcissistic Personality Inventory). Die Wissenschaftler sagen, es sei die erste Studie, die systematisch und empirisch der Frage nachgeht, wie die Persönlichkeit von Prominenten beschaffen ist. Das Bild in der Öffentlichkeit sei bisher geprägt von anekdotischen Einsichten, beispielsweise von Interviews mit Prominenten. Natürlich hat auch jeder durch die Wahrnehmung von Prominenten eigene Urteile gebildet. Nun aber soll das Wissen systematisch und verlässlich sein. Inwiefern die an der Studie teilnehmenden „Prominenten“ allerdings repräsentativ für die ganze Gruppe sind, ist durchaus fraglich. Den Narzissmus als Charakterzug haben die Wissenschaftler dann auch deswegen ausgewählt, weil dieser meist den Prominenten zugesprochen wird. Narzissten gieren allgemein nach Aufmerksamkeit, so Pinsky, sie überschätzen gerne ihre Kapazitäten, während ihnen Einfühlungsvermögen fehlt und sie zu launischem Verhalten neigen: „Sie sind aber auch beliebt, besonders bei der ersten Begegnung, sie sind extrovertiert und verhalten sich gut in der Öffentlichkeit.“

Der Test misst sieben Eigenschaften von Narzissten: Überheblichkeit, Exhibitionismus, Autorität, Ausbeutung, Einzigartigkeit, Anspruchsdenken, Eitelkeit. Zumindest die „Prominenten“, die am Test teilnahmen, sind statistisch signifikant narzisstischer als die Allgemeinheit und übertreffen darin auch Studenten, die gerne führende Unternehmer werden würden. Unter den Prominenten der Unterhaltungsbranche stechen offenbar besonders die Teilnehmer an Reality-TV-Produktionen heraus, die Schauspieler, Musiker oder Kabarettisten in Sachen Narzissmuss übertreffen. Das dürfte auch auf der Hand liegen, denn ihnen geht es schließlich in erster Linie um die Erzielung von Aufmerksamkeit und Prominenz, indem sie (fast) alles machen oder erleiden, was von ihnen verlangt wird.

Viele der Prominenten hätten auch schon vor der Zeit, als sie berühmt wurden, narzisstische Verhaltensweisen gezeigt. Das könnte bedeuten, so Young, dass die Unterhaltungsbranche besonders auf Narzissten anspringt, weil sie mit diesen „effektiver“ arbeiten kann. So würden also nicht Medien oder die Unterhaltungsbranche Narzissten durch vermehrte Aufmerksamkeit erst produzieren, sondern nur Narzissten durch Selektion belohnen. Die haben aber dann wohl in aller Regel durch ihr Verhalten bereits Möglichkeiten gefunden, die Aufmerksamkeit anderer Menschen auf sich zu ziehen und im Mittelpunkt zu stehen. Wenn aber Narzissten im Mittelpunkt der kollektiven Aufmerksamkeit stehen und die Menschen durch ihr Verhalten beeindrucken, müssten narzisstische Merkmale eigentlich besonders attraktiv sein – auch wenn viele den Exhibitionismus scheuen und sich nicht in Überheblichkeit ergehen können oder wollen, und so dem Geschehen auf der Bühne lieber entspannt aus dem Zuschauerraum folgen. Wenn (Medien)Prominenz aber nicht etwas Seltenes ist, sondern zu einer alltäglichen, oft auch nicht mit außergewöhnlichem Können oder Wissen verbundenen Karriere in der Medien- oder Aufmerksamkeitsgesellschaft wird, stehen die Menschen im Dunklen, die Fans und Zuschauer, aber zunehmend unter Druck, sich als Versager verstehen zu müssen, weil sie keine oder zu wenig Aufmerksamkeit finden und anonym bleiben. Reality-Formate mögen eine Kompensation sein, obwohl über diese Karrieren kaum einer in den Adel der Aufmerksamkeitsökonomie dauerhaft aufsteigt. Die Versager und Verzweifelten könnten daher mehr und mehr versucht sein, durch bestimmte Taten, die die mediale Aufmerksamkeit wecken, sich zumindest kurzfristig und vielleicht auch um den Preis des eigenen Lebens zu Prominenten zu machen.

Der Narzissmus bringt es mit sich, dass eine immer stärkere Selbstdarstellung in den Vordergrund tritt. Diese kann durchaus auch von provokanter oder skandalöser Natur sein. In einer narzisstisch geprägten Gesellschaft baut sich aber ein Sebstdarstellungsdruck auf, der sich selbst verstärkend letztendlich dazu führt, dass Narzissten in einer Scheinwelt, quasi auf einer Art von „Divaplaneten“ leben und jeden Kontakt zur Wirklichkeit verloren haben.

Narzissten neigen dazu, die eigenen, tatsächlich gar nicht vorhandenen Fähigkeiten maßlos zu überschätzen und die wirklichen existenten Fähigkeiten von introvertierten Personen hoffnungslos zu unterschätzen. Oft sind narzisstische Persönlichkeiten beziehungsgestört. Schließlich Narzissmus gilt als therapiebedürftige Persönlichkeitsstörung. Diese Störung tritt besonders häufig unter Psychopathen und Soziopathen auf. Da die Letzteren jedoch häufig über eine so hohe soziale Stellung verfügen, dass ihnen umfangreiche Machtmittel zur Verfügung stehen, bleibt die NSP i. d. R. zulasten von Unbeteiligten unbehandelt.

Die narzisstische Persönlichkeitsstörung geht oft mit dem Borderline Syndrom einher.

Narzissten und Borderliner sind „bindungsunfähig“, die weitgehende Verdrängung der Sexualität oder der kompensatorisch ausgeübte Don-Juanismus sind Merkmale einer Hingabestörung und Angst vor Nähe. Das Eingehen einer monogamen Partnerschaft wird verhindert.

Entzieht dem Narzissten die Bewunderung und er wird in eine tiefe Krise stürzen, was ihn unter Umständen in die Praxis eines Therapeuten führen wird.


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